Einfach schreiben, besser aussehen

Wie die Optik eines Textwerks die Lesbarkeit erleichtern kann, erfahren Sie im 2. Teil der kleinen Sommerserie „Einfach schreiben“.

Vielleicht ist es Ihnen bekannt, dass Grafiker und Texter grundsätzlich anders denken. Kein Wunder also, dass wir uns ab und an auch über das Erscheinungsbild eines Textes streiten. Grafiker – so mein Vorwurf – sehen Text in erster Linie als Gestaltungselement. Lesbarkeit spielt eine untergeordnete Rolle. Hauptsache, die Ästhetik stimmt. Da ist dann die Schriftgröße gern mal zu klein, der Hintergrund zu wenig kontrastreich und die Headline ein Kunstwerk an sich.

Diese Künstler!

Einer, der das auf die Spitze getrieben hat, ist David Carson – sehr erfolgreich und genauso kontrovers diskutiert. Bei Grafikdesignern genießt er jedenfalls Guru-Status. Vermutlich deshalb, weil sie alle lieber Künstler wären. Auf der anderen Seite wären Werbetexter ja auch lieber Schriftsteller. Und die glauben ja wiederum, dass der Text selbst es ist, der zum Lesen reizt. Doch genug der Klischees.

Einfach schön lesbar

Fakt ist, dass ein Text lieber und leichter gelesen wird, wenn er schön daherkommt. Was aber ist „schön“ im Dienste der Lesbarkeit? Dazu müssen wir uns nur das unschöne Gegenteil anschauen: die Bleiwüste. Die regt nur zum Lesen an, wenn der Inhalt wirklich toll ist. Oder wenn Elke Heidenreich gesagt hat, dass er toll ist. Bei Texten, die unser Publikum nicht unbedingt mögen möchte, müssen wir uns was einfallen lassen. Einfach schreiben heißt in diesem Fall: besser gliedern.

Lesehäppchen

Eine hervorragende Methode ist der Trick mit den kleinen Portionen. Den kennen wir alle vom Essen: Ein Kuchen, in kleine Stücke geteilt, ist ruckzuck verputzt, selbst wenn er nicht besonders lecker aussieht. Die Hemmschwelle, ihn zu probieren, ist dann einfach viel niedriger.
Das funktioniert auch bei Texten. Kurze Sätze, kurze Absätze und Zwischenüberschriften – schon wird aus einem abweisenden Block eine bekömmliche Lektüre. Und wenn Sie was aufzuzählen haben, tun Sie das in einer Liste. Hier ein Beispiel:

So gliedern Sie einen Text:
– Halten Sie die Absätze kurz.
– Benutzen Sie Zwischenüberschriften.
– Arbeiten Sie mit Listen wie dieser.
– Fetten Sie wichtige Wörter – aber nicht übertreiben.
Geben Sie bei längeren Texten eine Vorschau.

Darum geht’s

Die erwähnte Vorschau kennen Sie vielleicht von wissenschaftlichen Texten als Abstract. Diese Kurzdarstellung des Inhalts macht es Lesern leichter einzuschätzen, ob ein Dokument für sie relevant ist. In kürzeren Texten übernimmt diese Funktion die Überschrift, oft ergänzt von einer Subline, einer Dachzeile oder einer kurzen Einleitung. In Briefen und E-Mails tut’s auch der Betreff. Als kleine Übung können Sie ja mal überlegen, ob der Betreff „Ihr Schreiben von soundsovielten“ einen guten Job macht.

Schöner gestalten

Nun möchte ich nicht den Eindruck erweckt haben, dass die grafische Gestaltung keine Rolle spielt. Im Gegenteil. Schließlich hebt ein gelungenes Grafikdesign das Lesevergnügen ungemein. Das ist übrigens ein ganz alter Hut, wie z. B. ein Blick in eine Gutenberg-Bibel zeigt. Auch verführt man seit je junge Menschen mit Bilderbüchern zum Lesen. So alt der Trick auch ist, er funktioniert immer noch – solange man es nicht übertreibt. Und darum streite ich mich immer wieder gerne mit meinen Grafikerinnen und Grafikern.