Einfach schreiben ist schwierig

Warum nicht nur Werbesprache einfach sein sollte. Warum das nicht immer ganz einfach ist – und außerdem ein weites Feld.

Einfach schreiben – oder genauer: einfach lesbare Texte verfassen – ist ein sehr vielseitiges Thema. Zu vielseitig für einen einzigen Blog-Beitrag. Vor allem, wenn ich Sie nicht länger langweilen will als fünf Minuten.
Also wird eine kleine Serie draus. In diesem ersten Teil mache ich mir ein paar grundlegende Gedanken, gebe Ihnen ein paar Faustregeln an die Hand, zusammen mit einem kleinen, nützlichen Plug-in. In den folgenden Teilen frühstücke ich dann die Details ab. Aber eins nach dem anderen.

Einfach schreiben – für wen?

Wenn wir über einfach lesbare Texte sprechen, müssen wir uns immer vor Augen führen, für wen der Text sein soll. Die Werber sprechen hier von der Zielgruppe. Ich sage lieber Publikum, das klingt weniger funktionalistisch und etwas mehr nach rotem Teppich und Applaus.

Mein Publikum – Sie – stelle ich mir als Menschen vor, die im Lesen geübt sind und Freude an einem guten Text haben. Sie haben selbst mit längeren und verschachtelten Sätzen kein Problem. Trotzdem mögen Sie das nicht unbedingt. Und weil es zudem nicht meine Art ist, lange, verschachtelte Sätze zu schreiben, verfasse ich also einen Text, der für Sie recht einfach zu lesen ist.

Leichte Sprache

Für andere Menschen ist dieser Text aber eher schwer zu lesen. Nicht so schwer wie Steuerliteratur oder Thomas Mann – aber wirklich leichte Sprache ist noch viel einfacher als das hier. Leichte oder einfach Sprache richtet sich unter anderem an Menschen mit Lernschwierigkeiten und  Leseschwäche. Außerdem an Menschen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen. Ziel ist es, diesen Menschen zu ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Sehr intensiv kümmert sich darum das Netzwerk Leichte Sprache. Auf der Website des Vereins gibt es z. B. das Deutsche Grundgesetz in Leichter Sprache – lesenswert!

Ratgeber Leichte Sprache

Zusammen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat das Netzwerk den Ratgeber „Leichte Sprache“ erstellt. Er soll Mitarbeitenden von Ämtern und Behörden helfen, Texte in Leichter Sprache zu verfassen – leider nur für oben genanntes Publikum. Ich hätte nämlich wirklich nichts dagegen, wenn diese Praxis generell aufs Amtsdeutsch abfärben würde.

Wie auch immer: In der verlinkten barrierefreien Online-Version sind auch die Regeln nachzulesen. Und das sind ganz schön viele. Aber sie zeigen, wo die Reise hingehen kann. Sie müssen ja nicht den ganzen Weg gehen. Ihnen reichen vielleicht erstmal diese …

Fünf Faustregeln für gute Lesbarkeit:

– Nicht mehr als zwölf Wörter pro Satz
– Eine Botschaft pro Satz
– Möglichst wenig Wörter mit mehr als vier Silben
– Möglichst wenig Fach- und Fremdwörter
– Keine komplizierte Grammatik

Dabei gilt: Je – Achtung: Fremdwort! – heterogener das Publikum, desto einfacher sollte die Sprache sein. Hier greift das Prinzip vom kleinsten gemeinsamen Nenner.

Lese-Probe

Damit Sie wissen, ob Ihr Text verständlich ist, können Sie jemanden Probe lesen lassen. Immer gut, aber nicht immer möglich. Darum gibt es Werkzeuge, mit denen die Lesbarkeit kontrolliert werden kann.

Für WordPress – die Plattform, mit der ich diesen Blog schreibe – gibt es z. B. das Plug-in Yoast. Das berechnet den Flesch-Index, auch Flesch-Grad genannt. Die Formel überspringen wir jetzt und kommen direkt zum Ergebnis: Je kürzer die Sätze und Wörter, desto näher der Wert an 100 und desto leichter lesbar der Text.

Ohne WordPress können Sie das z. B. auf der Seite fleschindex.de berechnen lassen. Der Text, den Sie gerade gelesen haben, hat übrigens einen Flesch-Index von 68,8. Das ist gar nicht mal schlecht. Genauer gesagt: Schwierigkeitsgrad “normal”. Natürlich, es wäre auch einfacher gegangen. Aber das wäre mir wesentlich schwerer gefallen.