Ist Trump dement?

Der US-amerikanische Präsident formuliert gerne sehr einfach. Zu einfach, um gesund zu sein, finden manche. Aber das ist ein Kurzschluss.

Einfach schreiben ist an sich eine gute Sache. Einfach reden ebenfalls. Wenn Sie es allerdings übertreiben, könnte man Sie bald des geistigen Verfalls verdächtigen. Vor allem, wenn Sie sich dazu noch ziemlich unbeliebt machen.

Donald Trump, 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, ist so einer. Der sogenannte mächtigste Mann der Welt ist bei vielen mächtig unbeliebt, und seine Beliebtheitswerte sinken weiter. Immerhin, die Wahl hat er gewonnen, und immer noch halten ihm viele die Stange. Ein Grund dafür: Er formuliert sehr einfach. Zupackend, aktiv und zielstrebig soll das klingen.

„Einer von uns“

Damit präsentiert er sich als Gegenentwurf zum schwafelnden und lavierenden Washington-Establishment: ein Macher, für den erfolgreiche Politik nicht schwerer ist als einen Zaunpfahl in den Prärieboden zu rammen. Auch zeigt er seinen Anhängern damit, dass er einer von ihnen ist. Nun, nicht in Sachen Finanzkraft und Lebensstandard, aber doch im Geiste. Seine Art zu reden beweist, dass er vom gleichen Schlag ist. Und dass man es schaffen kann, ganz nach oben zu kommen – wenn man nur will und die Regierung einen lässt. Kurz: die Rettung des amerikanischen Traums.

Trump dement?

So beliebt er bei den einen ist, so unbeliebt, ja verhasst ist er bei den anderen. Nicht wenige zerbrechen sich täglich den Kopf darüber, wie man den cholerischen Gelbschopf vorzeitig aus dem Amt bugsieren könnte. Dazu gehören sicherlich auch viele bei statnews.com, der Medizin- und Wissenschaftsseite von Boston Globe Media. Ihr Verdacht: Wer so schlicht und ungelenk formuliert, kann nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Vor allem dann nicht, wenn derjenige es früher auch anders konnte. Ist deshalb also Trump dement?

Kein Wunder

Das herauszufinden, hat statnews renommierte Wissenschaftler aus Psychologie und Neurolinguistik gebeten, Trumps Sprache genauer unter die Lupe zu nehmen. Ergebnis: kann sein. Oder auch nicht. Sicher ist, dass seine Eloquenz gegenüber früheren Jahren nachgelassen hat. Aber das ist auch kein Wunder, der Mann ist 71. Also wahrscheinlich eine ganz normale Alterserscheinung – sagt auch Dan McAdams, Psychologie-Professor an der Northwestern University und selbst Trump-Kritiker. Keiner formuliere mit 70 noch so brillant wie mit 40, wie Forschungen belegen.

Wirkliche Probleme

Also einfache Sprache, aber kein Problem? Im Gegenteil. Das wirkliche Problem Trumps ist seine Hybris, seine maßlose Selbstüberschätzung. Von seinem hohen Ross aus meint er wirklich, er könne die Dinge so einfach lösen, wie er sie formuliert. Und es gibt immer noch zu viele Leute, die das glauben.

Die Welt ist aber komplex, die Probleme sind komplex. Sie lassen sich nicht kleinreden. Kein Wunder also, dass viele Vorhaben Trumps bisher nur als Sprechblasen existieren. Manche davon sind auch schon zerplatzt, wie die Gesundheitsreform-Reform. Zu hoffen bleibt, dass dem Mann und dem Land nicht noch ganz andere Dinge platzen.

Einfach, aber richtig

Einfach reden und einfach schreiben ist aber nicht an sich böse. Im Gegenteil: Es ist überaus nützlich, wenn Sie komplexe Sachverhalte einfach darlegen können. Dazu müssen Sie vorher die Materie durchdrungen und verstanden haben. Dann können Sie einfach reden, ohne die Komplexität zu leugnen. Wer aber vorgibt, die Sachverhalte selbst seien einfach und darum auch einfach zu lösen, ist ein Scharlatan. Und die wurden bisher immer noch von der Wirklichkeit eingeholt.