Schlechtes Timing

„Timing ist the answer to success“, heißt es im Song „Timing“ von Kevin Johansen. Wenn das so ist, kann ich den Blogbeitrag für diesen Monat wohl abschreiben.

Vielleicht kann mir das mal jemand erklären: Warum in einem Monat überhaupt nix passiert – und dann alle auf einmal kommen. Können die Kunden sich nicht besser absprechen? Wenn Flauten und Haussen wenigstens regelmäßig übers Jahr verteilt wären, also etwa Frühlingshoch und Sommerloch, Herbststürme und Winterstarre. Aber so ist das nicht. Kunden sind unberechenbar.

Okay, damit kann ich mittlerweile, nach 18 Jahren Selbstständigkeit, recht gut umgehen. Expect the unexpected, wie „Dog Eat Dog“ 1999 ins Mikrophon brüllten. Nun scheint das aber mit anderen Dingen auch so zu sein. Vom Wetter wollen wir gar nicht reden. 19 Grad und Dürre im November – also! Nein, ich meine Themen. Themen für meinen Blog. Die kommen auch manchmal in solchen Massen, dass ich nicht weiß, welches ich nehmen soll.

Zu viel, allzu viel

Hey, werden Sie sagen, das Thema hatten wir doch schon mal. Richtig, Schreibblockade. Aber das war das andere Extrem. Diesmal ist es andersherum: zu viele Themen. Was mir da alles im Kopf rumschwirrt:

– Ronda und Sozialismus
– Was ist Kunst
– Warum ich Deutschland liebe, eigentlich
– Vorurteile neu erfinden und revidieren
– Sprachliche Hecken
– Ironie, aber bitte mit Emoticon
– Die Flöhe auf Schrödingers Katze
– Lustige Sprachfundstücke („The copy scores 78.6 in the test, which is considered ziemlich einfach to read.“)

Und so weiter. Reicht fürs nächste halbe Jahr. Nur ist noch keins davon fertig. Schlechtes Timing eben.

Das könnte ich jetzt ganz elegant auf den November schieben. Der ist für mich per se schon problematisch wegen zunehmender Dunkelheit. Mein Körper will nämlich eigentlich in Winterschlaf fallen. Darf er aber nicht, und darum kriegt er schlechte Laune. Das wird dadurch noch verstärkt, dass sich irgendwann mal irgendwelche Idioten überlegt haben, im Frühjahr die Uhr eine Stunde vorzustellen – und Ende Oktober wieder zurück. Damit wird es noch plötzlicher Winter als nötig.

Wir müssen nur wollen

Also wissen Sie was? Ich schieb’s tatsächlich auf den November. Mit dem Endorphin-Defizit lässt es sich einfach verdammt schwierig wollen. Für Kevin Johansen liegt ja die Crux im Jetzt-Tun: „Do it now“.

If you want to be afraid, just be afraid.
If you want to go back home, just go back home.
If you want to comb your hair, just comb your hair […]
But do it now

Mit dem Wollen hat er anscheinend keine Problem, im Gegensatz zu mir. Okay, das mit dem Haarekämmen hätte sowieso nicht viel Sinn, auch wenn ich wollte. Ich will aber erst gar nicht. Dieses ständige Wollenmüssen geht mir eh auf den Geist. Auf den Punkt bringt das Judith Holofernes mit ihren Helden in „Wir müssen nur wollen“:

Muss ich immer alles müssen, was ich kann? Eine Hand in den Sternen, die andre im Hintern vom Vordermann

Grandiose Texte sind das. So was müsste ich mal wollen wollen. Oder eben einfach mal gar nichts wollen müssen können, das wär schön. Aber will ich das?